Springe direkt zu Inhalt

LKRP fordert in Koalitionsgesprächen besondere Beachtung des herausragenden Wissenschaftsstandortes Berlin

Förderung und Ausbau der Hochschullandschaft soll vorrangiges politisches Ziel sein

Nr. 334/2011 vom 02.11.2011

Die Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen (LKRP) verfolgt die wissenschaftspolitischen Beratungen im Rahmen der Koalitionsgespräche mit großer Aufmerksamkeit. Sie geht davon aus, dass für die verhandelnden Parteien die kontinuierliche Förderung und der stetige Ausbau des Wissenschaftsstandortes Berlin und seiner exzellenten Hochschulen auf der Grundlage einer belastbaren Finanzierung ein vorrangiges politisches Ziel darstellt. Das Grundvertrauen in die Leistungsfähigkeit der Hochschulen ist eine wesentliche Prämisse für die erfolgreiche Gestaltung der Berliner Wissenschaftspolitik. Planungssicherheit bildet wiederum für die Hochschulen selbst die entscheidende Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung ihres öffentlichen Auftrags. Die Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten hält folgende Themen für in besonderem Maße erörterungs- und entscheidungsbedürftig.

1. Hochschulfinanzierung und Hochschulverträge

Die aktuell geltenden Hochschulverträge sind durch eine Vielzahl kleinteiliger Zielfestsetzungen bestimmt. Angesichts der erwiesenermaßen großen Leistungsfähigkeit der Berliner Hochschulen sollte Mikrosteuerung künftig durch die Bestimmung übergreifender Ziele ersetzt werden. Die bisherige Hochschulfinanzierung ist zudem risikobelastet, weil sie Leistungen nach- und nicht vorfinanziert. Die Finanzierungsmechanismen müssen vereinfacht und die Finanzierungsströme anders gestaltet werden, damit die Hochschulen größere Planungssicherheit erhalten. Insbesondere sind strukturelle Unwägbarkeiten bewusst zu machen, aus denen Finanzierungsdefizite entstehen (etwa im Bereich der Studierendenzulassung, wo bisher nur Studienanfänger, nicht aber Fachwechsler zählen). Unbedingt sollte die Kongruenz der verschiedenen zur Berechnung herangezogenen Daten gewährleistet sein, da sie bisher unterschiedlichen Definitionen unterliegen. Zudem bedarf es einer höheren Flexibilität innerhalb der verschiedenen Förderlinien des Berliner Senats. Nicht ausgeschüttete Mittel aus den Förderprogrammen sollen den Hochschulen zugutekommen.

2. Nachhaltigkeit Studienplatzaufwuchs

Die Hochschulen benötigen eine realistische Perspektive, welche Vorsorge für die Zeit nach dem Auslaufen des Hochschulpakts II geplant ist und wie der Berliner Senat den politisch gewollten Studienplatzaufwuchs weiter abzusichern gedenkt. Mit der Erhaltung des erreichten Niveaus an Studienplätzen hat Berlin die Chance, sich im Wettbewerb der Regionen um künftige Fachkräfte einen Vorsprung zu sichern.

3. Nachhaltigkeit Exzellenzförderung

Die Einstein-Stiftung ist im Sinne eines Instruments zur Förderung der Spitzenforschung fortzuführen. Eine zentrale Aufgabe wird die Entwicklung von Modellen der nachhaltigen Absicherung von Strukturen sein, die durch Projekte des Exzellenzprogramms innerhalb und außerhalb der Einstein-Stiftung Berlin aufgebaut worden sind. Insbesondere die Förderlinie der Einsteinzentren ist beizubehalten. Wie bisher sollten auch neue Initiativen im Rahmen der unterschiedlichen Förderprogramme unterstützt werden.

4. Bau-Aktivitäten

Unabdingbare Bauvorhaben, deren Aufschub den Hochschulbetrieb gefährdet, sind frühzeitig und vorrangig zu betreiben. Dazu gehören Neubauten ebenso wie Renovierungsmaßnahmen, deren Verschleppung kurzfristig zu Verteuerungseffekten durch gesteigerte Erhaltungskosten führt. Hierfür müssen Finanzierungsmodelle entwickelt werden, die Teil der Investitionsplanung des Landes sind.

5. Absicherung des Instituts für Angewandte Forschung Berlin (IFAF)

Um die Zielsetzung des Instituts für Angewandte Forschung weiter verfolgen zu können, die Stärkung der Forschung an den Fachhochschulen und des Wissens- und Technologietransfers in die Anwendung zu fördern, bedarf es einer finanziellen Absicherung des Instituts.

6. Berliner Hochschulgesetz

Die Landesrektorenkonferenz hat die grundsätzliche Tendenz der Hochschulgesetznovelle vom Sommer dieses Jahres kritisiert, weil sie an zahlreichen Stellen eine Detailsteuerung von Strukturen und Planungsprozessen einführt, die administrativ aufwendig und nicht kostenneutral umzusetzen ist. In das Hochschulgesetz sollte eine Erprobungsklausel eingebaut werden, die nach zwei Jahren die Möglichkeit der Revision streitiger Punkte bietet. Zu diesen Punkten gehören diverse neue Satzungen, die Regelungen zum Teilzeitstudium und zum Zugang beruflich Qualifizierter sowie die Einführung neuer Stellenkategorien mit Hauptaufgaben in der Lehre. Es ist erforderlich, dass die streitigen Punkte im Vorfeld der Verhandlungen über neue Hochschulverträge 2013 geprüft und gegebenenfalls modifiziert werden.

7. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit bei Berufungen

In Berlin liegen die Grundgehälter für Professuren niedriger als in allen anderen Bundesländern, was von den Hochschulen derzeit durch die Gewährung von individuellen Zulagen ausgeglichen werden musste. Um den bestehenden Wettbewerbsnachteil zu verringern, ist auch eine Erweiterung des Rahmens zur Ruhegehaltfähigkeitserklärung der Leistungsbezüge bei W2 und W3-Professuren zwingend notwendig. Zudem sollte die Beamtenbesoldung der Entwicklung der Berliner Tarifgehälter folgen. Der sogenannte "Vergaberahmen" ist aufzulösen, da er die Hochschulen  bei Besoldungsverhandlungen einschränkt und individuelle Lösungen oftmals verhindert. Er soll künftig von den Hochschulen selbst festgelegt werden können.

8. Berufungsrecht

Neben Bremen ist Berlin das einzige Bundesland, das seinen Hochschulen das Recht zur Berufung ihrer Professorinnen und Professoren vorenthält. Ein Berufungsrecht auf Probe nach dem Muster anderer Bundesländer wäre sinnvoll und vermittelte das wichtige Signal, dass der Berliner Senat das Prinzip der Hochschulautonomie ernstnimmt. Im Sinne eines solchen Erprobungsmodells können Hochschulen, wenn sie es wünschen, das Berufungsrecht ‘auf Zeit‘ beantragen. Angesichts des hohen Qualitätsstandards, den die Berliner Hochschulen bei ihren Berufungen einhalten, wäre die Übertragung des Berufungsrechts ein notwendiger und konsequenter Schritt, der das Vertrauen der Politik in die Steuerungs- und Gestaltungskraft ihrer Universitäten und Fachhochschulen unter Beweis stellt.

Weitere Informationen

Goran Krstin, Pressesprecher des Präsidenten der Freien Universität Berlin und Vorsitzenden der LKRP, Telefon: 030 / 838-73106, Telefax: 030 / 838-473106, E-Mail: goran.krstin@fu-berlin.de